Zwei Männer stehen an einer Litfaßsäule und unterhalten sich über ein Plakat, das dort angeklebt war. Einer war völlig fasziniert von der experimentellen großen Schrift dieses Werks, der andere verdrehte die Augen und sagte: »Scheußlich, da bekomme ich Kreislauf, wenn ich das sehe«. Was war hier los? Hatte der Plakatdesigner keine Augen im Kopf oder hat einer der beiden Betrachter schlicht keinen Geschmack? Weder noch.
Beide haben recht. Denn jeder von ihnen hat seine persönliche Kategorie für Schönheit. Innerhalb ihrer eigenen Welt war dieses Plakat eben wunderschön oder halt scheußlich. Und der Designer war auch kein Dilettant, sondern –nach meinem Urteil– richtig gut. Vielmehr wollte dieses Plakat offensichtlich nur einen der beiden ansprechen. In diesem Blogbeitrag nehme ich es als Parade-Beispiel für zielgruppenorientierte Gestaltung.
Muss Ihr Design von allen gemocht werden?
Viele Produkte und Angebote haben eine so hohe Qualität, dass es rein objektiv keinen Unterschied gibt. Hier wird Design überlebenswichtig: Wie gestalte ich mein Produkt so, dass mein Zielkunde es auf Anhieb sympathisch findet?
Wer hier versucht »Everybody’s Darling« zu sein, wird nicht erfolgreich verkaufen. Ein Design, das allen gefallen soll, wird zwangsläufig austauschbar und leider nicht merk-würdig wie das oben genannte Plakat. Ein wirklich geschärftes, zielgerichtetes Design konzentriert sich auf eine Kernzielgruppe, die man zum Beispiel durch Alter, Einkommen, Hobbies und Beruf definieren kann. Wer so gezielt visuell kommuniziert, kann sich nicht auf alle Zielgruppen gleichermaßen einstellen. Deswegen sollte das Plakat den einen eher ansprechen als den anderen, denn offensichtlich sind es sehr unterschiedliche Personen mit unterschiedlichen Vorlieben.
Für wen genau ist Ihr Design eigentlich?
In meiner täglichen Arbeit höre ich dazu oft Kundenwünsche wie »geschmackvoll muss es aussehen« oder eine Anzeige soll »kreativ rüberkommen«. Ich frage dann immer für wen genau etwas als »geschmackvoll« gelten sollen. Denn wer beispielsweise oft in der städtischen Kunst- und Kulturszene unterwegs ist, wird ein anders geschultes Auge haben, als jemand, der seine Bilder im Baumarkt kauft. Was »geschmackvoll« oder »kreativ« ist würde hier sehr unterschiedlich und wahrscheinlich sogar widersprüchlich bewertet werden. Deswegen muss man seine Zielgruppe und ihre Sehgewohnheiten sehr ernst nehmen.
Wie wichtig ist Ihr persönlicher Geschmack als Auftraggeber?
Auf keinen Fall sollte man als Auftraggeber den Fehler begehen seinen eigenen Geschmack zum Maßstab zu erklären. Erfolgreiches Design nimmt die ästhetischen Vorlieben und Muster dieser Zielgruppe ernst. Und das wird diese intuitiv spüren, sich mit dem Design identifizieren, wohlfühlen – und schlussendlich kaufen. Wenn einem das Design selber auch gefällt, ist das wunderbar. Wichtiger ist aber der Geschmack seiner Zielgruppe.
Was Sie tun können
Versuchen Sie Ihre nächste Anzeige, Broschüre oder den neuen Webauftritt vor allem durch die Brille Ihres Kunden zu sehen. Wenn Sie merken, dass Ihnen das schwer fällt, denken Sie noch einmal genau über Ihren Zielkunden selber nach. Ein guter Designer wird Sie dabei unterstützen und mit Ihnen über die Sehgewohnheiten Ihrer Adressaten sprechen. Sie erhöhen damit definitiv Ihre Chancen von den gewünschten Kunden wahrgenommen zu werden.
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