Das Glas Rotwein ist schon fast geleert. Im Hintergrund läuft der »Sommer« aus Vivaldis »Vier Jahreszeiten«. Als die Violinen endlich zum ungestümen Finale aufbrausen, kommt mir die Vision! Wie von magischer Hand geführt zeichne ich völlig wahnsinnig das künftige Logo meines Kunden, bearbeite es schnurstracks am Rechner und verschicke es per Mail. Noch vor dem letzten Seufzer der Geigen. So oder so ähnlich stellen sich viele den kreativen Prozess vor. In diesem Artikel beschreibe ich deswegen wie der Weg zum passenden Logo wirklich aussieht.
Das Projekt
Das möchte ich beispielhaft an der Arbeit zum Logo für »Werft 4.0« zeigen. Der Name gehört einem künftigen Co-Working-Space und geht auf die Geschichte des Gebäudes zurück. Auf seiner Fläche wurde vor vielen Jahren Boote gebaut. Diese Geschichte wird später noch in die Logoentwicklung einfließen. Der Zusatz »4.0« bezieht sich auf die aufkommende »Industrie 4.0«, die von der Digitalisierung geprägt ist.
Briefing und Re-Briefing
Zuerst erhielt ich einen Auszug aus dem Businessplan, wo es um die Positionierung des Büros ging. Hinzu kamen persönliche Wünsche zum Farbklima des Logos. Aus diesen beiden Punkten entwickelte ich ein Re-Briefing. Das ist ein Protokoll, mit dem durch gegenseitige Abstimmung zwischen Auftraggeber und ‑nehmer geprüft wird, ob beide Seiten die Aufgabe gleich verstehen. Hierzu ergänzte ich Kommunikationsziele, die für die Gestaltung des Logo enorm wichtig sind:
Leitideen/Bildideen
- Beweglichkeit, Vorwärtsdrang, (Ver-)Wandlung, Agilität
- Community, Gemeinschaftsgefühl, Gleichgesinnte
- Werft: Reise, Abenteuer, Boot
- Segeln als Metapher unternehmerischen Handelns
Gewünschte Assoziationen/Gefühle bei der Zielgruppe
- hier werde ich mit allem professionell versorgt
- hier finde ich Netzwerkpartner, die wie ich sind: wachstums- und erfolgsorientiert
- mit diesem Büro kann ich meine Kunden beeindrucken
Stilistische Anmutung
- gehoben
- elegant
- geometrisch
- kultiviert
- sortiert
- ordentlich
- repräsentativ
Gute Ideen kommen aus der Hand, nicht aus dem Rechner
Nach der Abstimmung zu diesen Attributen ging es für mich ans Werk. Ich zeichnete zunächst viele sehr grobe Skizzen um zunächst die Bildidee zu verdeutlichen. Erste Entwürfe zeige ich immer auf diese Weise, weil in diesem frühen Stadium Farben und richtige Schriften von der Kernidee ablenken würden, die zunächst festgelegt werden muss.

Zwei Schritte vor …
Die Skizzen, die vom Auftraggeber ausgewählt wurden, kommen in die nächste Phase. Hier wird die Bildidee –immer noch ohne Farbe– konkretisiert und gemeinsam überprüft, welche Idee dem vereinbarten Kommunikationsziel am nächsten kommt. In diesem Fall war es Entwurf D. Von hier aus kamen wir zum nächsten Schritt.

… einer zurück.
Entwurf D wurde ausgearbeitet, doch der Auftraggeber lehnte die Entwürfe ab ohne zunächst beschreiben zu können, was genau ihm daran nicht gefällt.

Das passiert in der Auftragskommunikation recht häufig. Wichtig ist hier, dass beide Seiten weiter offen für den Gestaltungsprozess bleiben und solange miteinander sprechen, bis das Kommunikationsziel erneut präzisiert wurde. Da hilft es oft die vorangegangenen Entwürfe noch einmal hinzuziehen, so auch in diesem Fall. Und siehe da: In der Vorrunde gab es einen versteckten »Helden«.

Versteckte Helden
Hier gefiel dem Auftraggeber die Verbundenheit und Überlagerung der verschiedenen Flächen, die in seinen Augen den Team-Gedanken des Co-Working-Büros noch besser hervorhebt. Die Überlagerungen waren dem Auftraggeber jedoch etwas zu chaotisch. Für die neuen Entwurfsrunde beschlossen wir daher, dass die verschiedenen Segel aus ein und derselben Linie stammen. Ich ging also zurück zur Bleistift-Skizze und zeichnete verschiedenen Möglichkeiten diese Idee umzusetzen.

Der Favorit war für den Auftraggeber und mich schnell gefunden und der Weg zur digitalen Umsetzung war von hier aus nicht weit:

Welche Erfahrungen haben Sie mit der Entwicklung eines Layouts, Logos oder einer Website gemacht? Ich freue mich über Ihre Beiträge dazu.
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