Vor kurzem gestaltete ich ein Logo für ein Unternehmen, dass sich auf Verpackungsmaterialien spezialisiert hat. Gemeinsam mit der Kundin erarbeitete ich die Kommunikationsziele des Logos: Es sollte Schutz, Stabilität, Kraft und Materialität ausstrahlen. So weit – so gut. Als ich die ersten Entwürfe jedoch präsentierte, war die Kundin skeptisch. Auf sie wirkten die Entwürfe aggressiv und stämmig. Sie habe auch ihre Mitarbeiter gefragt, die diesen Eindruck bestätigt haben.
Ich bat sie zum nächsten Termin Beispiele mitzubringen, die sie für gelungen hält, was sehr erhellend für mich war: Sie wirkten grazil, mondän, künstlerisch und sinnlich. Hätte ich das Logo nach ihren Wünschen umgesetzt, hätte der Betrachter das Unternehmen spontan eher der Kosmetikbranche oder der gehobenen Gastronomie zugeordnet. Anders ausgedrückt: Für ihr Unternehmen wäre ein solches Logo ein absoluter Gau gewesen. Was können Kunde und Designer in einer solchen Patt-Situation tun?
Schaffen Sie eine Diskussionsgrundlage
Wenn Sie noch keine Erfahrung mit Designprozessen haben, hilft es anfangs sehr dem Designer viele verschiedene Beispiele zu zeigen. Hier können Sie zeigen, was Sie persönlich unter guter Gestaltung verstehen und können mit dem Designer ein gemeinsames Verständnis davon entwickeln. Der Designer wiederum bringt den Blick Ihrer Zielgruppe mit und kann Ihre Beispiele aus dieser Perspektive bewerten und diskutieren.
Entwickeln Sie ein gemeinsames Vokabular
Damit meine ich keine Fachtermini aus der Designwelt. Es geht viel mehr um ein gemeinsames Vokabular, das die nach und nach mit dem Designer entwickeln. Wenn Sie Rückmeldung zu Entwürfen geben, vermeiden Sie Pauschalurteile wie „gefällt mir nicht“, denn damit weiß der Designer nicht, wie er den Entwurf in Ihrem Sinne verbessern soll. Versuchen Sie es stattdessen mit Beschreibungen wie „maskulin“, „geometrisch“ oder „floral“. Zeigen Sie ruhig auch hier wieder Beispiele, was Sie persönlich unter beispielsweise „modern“ verstehen.
Machen Sie sich die Wirkung von Design bewusst
Sofern man aus dem gleichen Kulturkreis kommt, gibt uns jede Gestaltung über seine Farben, Formen und Schriften ein ganz bestimmtes Gefühl. Welche Gefühle wollen Sie mit Ihrem Produkt oder Ihr Unternehmen genau ansprechen? Zuversicht und Stabilität oder Geborgenheit und Natürlichkeit? Sehen Sie sich dabei auch genau Ihre Zielgruppe an: „Eleganz“ bedeutet beispielsweise für einen 50-jährigen Akademiker etwas anderes für den 20-jährigen Auszubildenden. Sie müssen hierbei natürlich nicht wissen, wie eine passende Gestaltung aussieht, denn dafür haben Sie den Designer. Sie müssen sich lediglich auf diese Parameter einigen, damit der Designer entsprechend gestalten kann.
Machen Sie sich klar, was Sie genau mit dem Design erreichen wollen
Es ist wie mit der eigenen Garderobe: Wenn man sich selber gut kennt und auf den Anlass vorbereitet ist, kann man sich passend anziehen. Ihrem Unternehmen geht es da nicht anders. Erarbeiten Sie zusammen mit dem Designer das Kommunikationsziel der Gestaltung und das Format, in dem das Design eingesetzt werden soll. Eine Zeitungsanzeige zum Firmenjubiläum ist etwas ganz anderes als ein Messeauftritt fürs Fachpublikum.
Prüfen Sie die Entwürfe auf die vereinbarten Kommunikationsziele
Lassen Sie sich nicht zu schnellen Urteilen hinreißen, wenn der Designer Ihnen die Entwürfe vorlegt, sondern prüfen Sie die Wirkung auf die Kommunikationsziele. Eventuell ist Ihre spontanes Empfinden gar nicht repräsentativ, weil Sie nicht für die gewünschte Zielgruppe stehen.
Seien Sie auch vorsichtig mit den Urteilen Ihrer Mitarbeiter. Auch sie können nur selten die Perspektive Ihrer Zielgruppe einnehmen und wollen Ihre Meinung aus Respekt ohnehin lieber bestätigen.
Im Falle meiner Kundin habe ich die Entwürfe ihren Lieferanten und einigen Kunden gezeigt. Ihre Urteile zeigten, dass ich mit den Entwürfen auf der richtigen Fährte war. Den genauen Wortlaut habe ich schriftlich zusammengefasst und mit ihr besprochen.
Ihr persönlicher Geschmack wurde bei einem neuen Entwurf mehr berücksichtigt, denn natürlich sollte ein Auftraggeber sich auch mit dem Design identifizieren. Wichtiger blieben nun glücklichweise die strategischen Ziele des Logos.
Hinweis: Um ein gemeinsames Designverständnis herzustellen und Kommunikationsziele zu entwickeln, empfiehlt sich zu Auftragsbeginn ein Workshop mit dem Designer und allen Projektverantwortlichen.
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