Missverständnisse während eines Designprojektes entstehen oft, weil dem Auftraggeber der Designprozess nicht klar ist. Vor allem, wenn jemand noch keine Erfahrung mit kreativen Dienstleistern gemacht hat, kann er nicht wissen, was der Designer braucht um ein gutes Ergebnis zu liefern.
Das ist selten böser Wille: Ein neuer Kunde von mir wollte anfänglich kein Briefing schreiben, weil er glaubte, dass er mich damit in meiner Kreativität einschränken würde. Ein anderer wiederum war anfangs irritiert –später angenehm überrascht– über die intensive Zusammenarbeit.
Was viele Auftraggeber nicht wissen: Wir Designer brauchen Sie. Ganz dringend sogar. Mal mehr, mal weniger oft, aber in jeder Projektphase. Lesen Sie hier warum.
1. Briefing
Das Briefing ist die Grundlage eines jeden Designauftrags. Bevor die Gestaltungsarbeit beginnt, muss zuerst ein gemeinsames Verständnis von dem Auftrag entwickelt werden. Hier geht es um Zielformulierung, Zielgruppen, Budget, Umfang etc. Ein solides Briefing erspart vor allem Ihnen als Auftraggeber viel Ärger: Weiß der Designer nicht wohin die Reise gehen soll, sind ungeplante Kosten und Zeitnot sehr wahrscheinlich. Sehr hilfreich ist es, wenn sie das Briefing mit dem Designer zusammen entwickeln. Wichtig ist dabei, dass eine Seite das Briefing verschriftlicht und mit dem anderen teilt.
Was zu einem Briefing gehört, habe ich hier (http://annikalyndgrun.tumblr.com/post/148924989178/das-briefing-start-und-landebahn‑f%C3%BCr-gute) beschrieben.
2. Moodboards
Bei komplexeren Designaufträgen wie der Entwicklung eines Corporate Designs, beginnt der Designer oft mit der Gestaltung von „Moodboards“. Ein Moodboard ist eine Collage von Schriften, Farben, Fotos, Mustern und Texturen, die eine bestimmte Gestaltungswelt erahnen lassen. Es geht hier nicht um das einzelne Detail, sondern um die gesamte Stimmung des Moodboards.
Zusammen mit dem Designer wählen Sie ein Moodboard aus, dass dann die Grundlage für den ersten konkreten Entwurf bietet. Besprechen sie beide genau, was an dem ausgewählten Moodboard besonders treffend ist. Ist es eine bestimmte Farbe oder die Lichtstimmung der Fotos? Dann sollte dies im ersten Entwurf ausgebaut werden.
Sie müssen zunächst mit dem Designer ein gemeinsames Verständnis des Auftrags entwickeln. Auch Moodboards müssen vom Designer mal eine Weile liegen gelassen werden um sie am nächsten Tag mit frischem Blick zu beurteilen. Rechnen Sie deswegen für diese ersten zwei Phasen die Hälfte der Projektzeit ein.

3. Erster Entwurf
Der Designer entwickelt nun auf Grundlage des gewählten Moodboards die wichtigsten Designelemente. Bei einem Corporate Design sind das unter anderem Schriften, Farb- und Bildwelt, Icons, visuelle Klammer etc. Die Anwendung der einzelnen Elemente wird hier vom Designer oft beispielhaft auf verschiedenen Medien wie Verpackungen oder einer Landingpage gezeigt.
In dieser ersten Gestaltungsphase ist bei Auftraggebern der sogenannte „Schulterblick“ sehr beliebt. Hier lassen Sie sich vom Designer mitten im Gestaltungsprozess die bisherigen Ergebnisse zeigen. Das gibt vielen Auftraggebern das Gefühl die Kontrolle zu behalten, birgt allerdings die Gefahr, dass Sie guten Ansätzen zu früh „den Strom abdrehen“. Lassen Sie den Designer lieber ein paar Gestaltungslinien soweit ausarbeiten, dass ein klares Bild entsteht.
4. Bestandsaufnahme und Korrekturen
Sie haben sich vom Designer die verschiedenen Gestaltungslinien präsentieren lassen und befinden sich praktisch in der Halbzeitpause. Jetzt ist die Zeit gekommen für eine Zwischenbesprechung. Bewerten und prüfen Sie gemeinsam die Designs auf Ihre Anwendbarkeit und ob sie zur Zielformulierung aus dem Briefing passen.
Jetzt können noch Ergänzungen und Kurskorrekturen vorgenommen werden, die in einer späteren Phase einen deutlichen Mehraufwand bedeuten würden. Alle Wünsche, Anpassungen und Korrekturen sollten wieder schriftlich und so genau und konkret wie möglich festgehalten werden.
Versuchen Sie spätestens hier ein gemeinsames Vokabular für Rückmeldungen mit Ihrem Designer zu entwickeln. Vermeiden Sie Pauschalurteile wie „gefällt mit nicht“. Versuchen Sie stattdessen so präzise wie möglich zu sein, z.B. in dem Sie sich etwas „floraler“ oder „geometrischer“ wünschen. Oder zeigen Sie dem Designer Beispiele, die Sie für gelungen halten. Auf etwas so Konkretes kann ein er viel besser reagieren.
5. Realisation
Nach möglichen Korrekturen wird das Design nun konkret. Der Designer entwickelt ein verbindliches Gestaltungskonzept, in dem z.B. bei einem Corporate Design das Gestaltungsraster und die korrekte Anwendung des Logos definiert werden. Auch besprochene Medien wie eine Geschäftsausstattung oder eine Verpackung werden hier anhand der erarbeiteten Richtlinien umgesetzt.
Spätestens hier braucht der Designer die Kontaktdaten zu beispielsweise Providern oder Druckereien um mit Ihnen die technische Umsetzung zu besprechen. Der Designer überwacht für Sie die technische Umsetzung und auch bei Rückfragen für die Druckerei oder den Programmierer ansprechbar.
In dieser „heißen Phase“ ist es besonders wichtig, dass Sie als Auftraggeber für den Designer gut erreichbar sind.
6. De-Briefing
Einige Projekte schließen mit einem De-Briefing ab. Hier lassen Auftraggeber und Designer den Auftrag und seine Abwicklung noch einmal Revue passieren und halten Verbesserungen für mögliche künftige Aufträge fest. Auch hier lohnt es sich wieder diese Punkte schriftlich festzuhalten und untereinander auszutauschen.
Sie sehen, dass es keine Projektphase gibt, in der Sie als Auftraggeber nicht gebraucht werden. Ihr Gestaltungswille ist genauso wichtig wie der des Designers selber.
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