Feierabend, laue Sommerluft … jetzt ein kühles Bier bei meinem Lieblingsbüdchen, der „Markthalle“. Mit der guten Laune und der dazugehörigen Getränke-Idee bin ich wohl nicht alleine. Munter vor sich her blubbernde Düsseldorfer schlängeln sich vor dem Eingang des Büdchens. Der durchschnittliche Besucher hier hat eine große Klappe und immer spannende Geschichte parat. Irgendwie würde ein Bankangestellter sein Feierabend-Bier nicht hier holen, aber ich fühle mich wohl hier. Ich stelle mich an und habe genug Zeit mir das Logo des Kiosks anzusehen, das heroisch leuchtend über meinem Kopf hing: Zwei Köpfe im Look von mehrfach kopierten Schwarzweiß-Portraits. Wo hatte ich das bloß schon einmal gesehen?
Konspirative Logo-Unterwanderung
Erster Einfall: Fritz-Kola. Das Label des wohl koffeiniertesten Getränks aller Zeiten zeigt die beiden Gründer Hampl und Wiegert, die die Brause noch als Studenten entwickelt haben. Einfach so, ohne die berühmte Berufserfahrung. Das war in den 2000ern hierzulande noch pure Rebellion. Obwohl dieses Logo allen klassischen Ansprüchen an ein gutes Logo widerspricht, ist es irgendwie passend zu einem Produkt wie diese Außenseiter-Cola. Oder gerade deswegen?
Ich habe mal eine ganze Weile den „Soziopod“ abonniert, einen Podcast mit soziologischen Themen und allem, was der kritische Geist begehrt. Seine Gründer haben sich für ein ähnliches Logo entschieden. Aha! Haben wir es etwa mit einem Komplott, einer konspirativen Logo-Unterwanderung zu tun? In Zeiten wie diesen überrascht einen ja nicht mehr viel.
Smells like teen spirit
Wenn es um Revolution geht, kommt mir direkt mein altes T‑Shirt aus Teenager-Tagen in den Sinn. Das mit Che-Guevara-Aufdruck. Nicht, dass ich mit fünfzehn Jahren wusste, wen ich da wirklich vor mir hertrage, aber ich konnte ja nicht die ganze Zeit den Backstreet-Boys-Pulli anziehen. Und irgendwie sah sein Antlitz schon damals für mich nach Rebellion aus, von der man in der Pubertät auf jeden Fall und in jeder Form überzeugt ist.
Der Modefotograf Alberto Korda machte 1960 diese Aufnahme von Guevara, als er kurz neben Fidel Castro stand, der gerade eine Rede vor 100.000 Kubanern hielt. Doch seinen Durchbruch feierte das Bild erst 1967 als der Revolutionär in Bolivien ermordet wurde. Mit ihm wurde Guevara post mortem zum „Guerrillero Heroico“, also zum heldenhaften Widerstandskämpfer romantisiert. Die 68er-Bewegung nahm es ihn sein Repertoire auf und bis heute ist dieses Bild die am meisten reproduzierte Fotografie.

Aufstieg in den Pop-Himmel
1968 fiel das Bild Gerard Malange in die Hände, einem Mitarbeiter von Andy Warhol. Der reproduzierte das Portrait im Stil von Warhols „Marilyn“ und verkaufte es als Original. Andy Warhol zertifizierte diese Fälschung sogar nachträglich um sich an den Einnahmen beteiligen zu können. Guevaras Portrait ist mit diesem Kopier-Look nun endgültig zur Pop-Ikone und Symbol für alles, was mit Widerstand zu tun hat, geworden.
Wenn Sie also einem Logo in diesem Look begegnen, verhalten Sie sich entweder ruhig oder stellen Sie sich an die Spitze der Bewegung. Ich entscheide das nach Laune. Jetzt lausche ich in der „Markthalle“ wieder dem üblichen Seemannsgarn der Feierabend-Guerillas.
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